Ein Dorf steht still

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Beim heutigen Spitzentreffen der Fußball-Bundesliga zwischen Rasenballsport Leipzig und der TSG Hoffenheim waren laut Info-Radio über 1.000 Hoffenheimer Zuschauer zugegen. Der wundersamer Weise „Plastico“ getaufte Schlager war dementsprechend ein wahrer Straßenfeger. Noch bevor die Straßenputzbrigade die Bürgersteige hochklappt für das samstag-abendliche Programm…

Ein gutes Drittel der Hoffenheimer Bevölkerung befindet sich derzeit noch im Leipziger Stadtraum. Eigentlich könnten Sie mir nichts dir nichts eine neue Kolonie namens Hoffenhaus gründen, die – aufs engste mit der Mutterstadt verbandelt – relativ schnell diese in Sachen Einwohnerzahl überflügeln könnte. Die Gemeinde Hoffenheim zählt derzeit offiziell 3.263 Einwohner, von denen heute die gesamte Jugend gen Osten rüber gemacht hat. Schließlich stand ja wieder mal ein Plastico der Bundesliga ins Haus und da will man als getreuer Hoffenheim-Fan natürlich dabei sein. Wie ein aufs Pfeifen reagierender Hunde reagieren die Hoffenheimer blitzschnell, wenn irgendwo von Plastik gesprochen wird.

Früher war der Plastico noch eine Sache zwischen Leverkusen und Wolfsburg. Nachdem beide mehr oder minder im Mittelmaß versenkt wurden von den aufstrebenden noch viel desillusionierenden Vereinsmodellen, ist Leverkusen nunmehr selbst in dieser Kategorie höchsten noch Vize. Der Begriff Plastico ist für die Sportpresse eben zu wertvoll, um ihn für die Niederungen der Tabelle zu vergeuden. Hoffenheim kann sich jedenfalls geehrt und aufgewertet fühlen als Vorzeige-Langeweiler der Bundesliga und dankt es uns allen mit einer stattlichen Auswärtsfangemeinde, die gemessen an der Einwohnerzahl verrückt ist. Wenn die Hertha mal mit 1,1 Millionen Berlinern auf Reisen gehen würde… Quasi eine Völkerwanderung wäre das. Nun mag der ein oder andere darauf hinweisen, dass sicher auch Nicht-Hoffenheimer als Hoffenheim-Fans im Leipziger Stadion taugen, aber sind wir doch mal ehrlich: Wer sollte auf diese verrückte Idee kommen? Man muss schon recht verbittert sein, wenn man der TSG die Daumen drückt. So wird heute auch erstmals den Leipzigern die leichte warme Brise der Sympathie der Bundesliga zu spüren bekommen haben, als sie den Hoffenheimern die erste Saison-Niederlage verschafften.

Für die Gemeinde Hoffenheim wird die hierdurch herbeigeführte Tristesse im doppelten Sinne zu spüren sein. Niemand ist da, keiner kann von der leidlichen Erfahrung berichten. Die Bürgersteige hätten heute morgen nicht einmal heruntergeklappt werden müssen. Ein Wochenende in Stille nimmt seinen Lauf. Aufmunterung bietet eventuell eine neue Folge Rosamunde Pilcher.

 

Axel Diehlmann

 

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