Der Monat des wahnwitzigen Aufbruchs

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Es ist vollbracht. Das Jahr 2016 liegt hinter uns und hinterlässt weit mehr als einen faden Beigeschmack. Um so angenehmer fühlt sich die Jungfräulichkeit des nunmehr beginnenden Jahres 2017 an. Zwar ist nichts vergessen, aber allein der noch mitunter kläglich gefüllte Terminkalender verleiht uns den Glauben an bessere Zeiten. Schließlich haben hierin ja noch eine Menge großartige Momente Platz.

In Zeiten des Aufbruchs werden gerne große Pläne geschmiedet, Selbstdisziplinierung anhand guter Vorsätze angegangen und Übersprungshandlungen durchgeführt. Diese wunderbaren Lebensregulierungen sind natürlich auch im Fußballgeschäft stets aufs Neue ablesbar. Die Winterpause wird dementsprechend gerne genutzt, um mal ordentlich aufzuräumen und sich mit einer Umstrukturierung den ansonsten im März anstehenden Frühjahrsputz zu ersparen.

Die guten Vorsätze werden zum Jahresauftakt dem inneren Schweinehund entlockt und die Vernunft verleiht den Sportfaulen unter uns flinke Füße – zumindest für ein paar Wochen sind nun die Jogging-Strecken im Park gut gefüllt und die Fitnessgeräte wohlgewärmt. Dies wird sich wohl jedoch spätestens in zwei Wochen wieder verflüchtigt haben, weil zum einen dann das Belohnungsprinzip einsetzt und zum anderen die Bundesliga in die Rückrunde startet. Immerhin lockt dann in doppeltem Sinne der Platz auf der heimischen Couch oder der heimisch gewordene Standort auf den Traversen des Lieblingsvereins. Zeit für Sport bliebt dann erstmal nur noch bedingt, denn immerhin wird schon im kalten Januar der Auftakt für die heiße Phase der Saison gesetzt.

Daher ist nun also noch Zeit für ein wenig Aktionismus, um diese kommende Phase bestmöglich bestreiten zu können. Da trifft es sich ganz gut, dass bis zum 31. Januar mal wieder das Trensferfensterchen geöffnet hat und für ein wenig Durchzug in den Kadern der Vereine sorgt. Nun werden wieder weitestgehend unbekannte Namen als ultimative Rettungsanker gehandelt und die eigene Mottenkiste ausgeschüttet. Der Flohmarkt der Hinrunden-Loser wird konterkariert durch aufgerufene Mondpreise. Immerhin leben wir im kapitalsierten Fußballgeschäft und der werte Spieler im Fokus hat immerhin einige Meriten auf dem Kerbholz und ist noch lange kein Fallobst, auch wenn er in den letzten Monaten vielleicht so spielt. Die winterliche Transferperiode ist geprägt durch diffuse Ängste und durch die Weihnachtszeit geschärften Geschäftssinn. Für die Manager und Sportdirektorin mehr oder minder traumatisch, wollen doch ihre geschlauchten Trainer neue Impulse für die bisher enttäuschende Mannschaft. Die zunehmende Diskrepanz zwischen Qualität und erwartetem Mehrwert sorgt jedoch in den letzten Wintern zunehmend zu einem eisigen Erliegen des Transfermarkts. Es fehlen einfach die entschlossenen Akteure der Vergangenheit. Für blinden Aktionismus war im letzten Jahrzehnt eigentlich immer Felix Magath zuständig. Insbesondere im Verbund mit dem VfL Wolfsburg wurde der Winter schnell mal zur Kader-Umwälzung genutzt und gerne mal 10 bis 12 neue Spieler verpflichtet, von denen doch einer eventuell dabei sein muss, der weiterhelfen würde.

Und so wird mangels Alternativen von außen gerne auch mal in der eigenen Jugendabteilung geforscht und so manchem Neuling zur Etablierung im Oberhaus verholfen. Insbesondere der Januar und Februar bieten sich als Integrationskurse für Pubertierende an, denn die gestandenen Profis fühlen eher die Härte des Platzes, als die des Wettkampfs. So mancher sah sich dann schnell von einem Jungspund überrannt auf der Bank wieder. Der Jugendwahn ist ein Stimmungskind des Jahresauftakts – immerhin geht es ja auch noch nicht direkt um den Titel oder um den Klassenerhalt. So werden dann die jungen Muskel und Knochen aufs Glatteis geschickt.

Falls auch die Jugendakademie nichts gescheites hergibt, hilft eigentlich nur noch der mahnende Zeigefinger. Der glückliche Transfer ist recht selten dabei und auch die im Rahmen der Winterpause getätigten Trainer-Rochaden sind nur in einem guten Viertel der Fälle von nachhaltigem Wert. Die Mahnung wird dann gerne mal inklusive Schreckgespenst ausgesprochen. Die verpasste Qualifikation zum UEFA-Cup oder gar der Abstieg in die Zweitklassigkeit werden argumentativ als Zerrbild herangeführt, um eine Drohkulisse aufzubauen, die den winterlichen Beinen wieder Leben einhauchen soll. Der Januar steht halt gerne unter dem Motto der Abgrenzung gegenüber der bedrohlichen Zukunft und der absoluten Hinwendung zu einer glorreichen Zukunft. Dazwischen gibt es nur wenig Graufläche – immerhin will das Jahr ja in Erinnerung bleiben.

 

Axel Diehlmann

 

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