Die letzte Hoffnung des englischen Fußballs

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Der letzte verbliebene britische Vertreter in der Champions League ist überraschenderweise Leicester City. Dem frühzeitig gescholtenen Sensationsmeister aus der Vorsaison ist mit dem Viertelfinal-Einzug genau das gelungen, woran Arsenal London und Manchester City gescheitert sind.

von Björn Leffler

Im Lostopf für das auszulosende Champions-League-Viertelfinale gestern in Nynon befand sich zur Erleichterung der britischen Fußballgemeinschaft dann doch noch ein Vertreter von der Insel. Nachdem Arsenal in zwei Spielen mit sage und schreibe 2:10 an den Bayern abgeprallt war und auch Manchester City kein Mittel gegen starke Monegassen hatte finden können, drohte der Insel wieder einmal der frühzeitige Abschied aus dem Wettkampf um die wichtigste Trophäe im europäischen Vereinsfußball. Schnell rauschte es wieder im englischen Blätterwald und es wurden wieder einmal große Fragezeichen auf die Titelseiten der Yellow-Press-Titel gezeichnet: Warum nur können englische Teams international keine Titel mehr gewinnen?

Aber die englischen Fans und Medien hatten die Rechnung ganz offensichtlich ohne Leicester City gemacht. Der Sensationsmeister aus der Vorsaison war als Außenseiter in das Duell mit den starken Spaniern aus Sevilla gegangen und war im Hinspiel auch klar unterlegen, konnte das Duell durch ein spätes Tor zum 1:2 für das Rückspiel aber offen halten. In einem an Dramatik kaum zu überbietenden Schlagabtausch setzten sich die „Foxes“ am vergangenen Dienstag im heimischen „King Power Stadium“ mit 2:0 gegen das Team von Coach Jorge Sampaoli durch. Schmeichel-Sohn Kasper hielt in der 80. Minute einen spielentscheidenden Elfmeter von Nzonzi und den Verein Leicester City damit im Wettbewerb.

Leicester City soll plötzlich die Ehre des britischen Fußballs retten. Ausgerechnet Leicester City!

Auf den Schultern der Weißblauen aus Leicester lasten nun die bangen Erwartungen einer ganzen Fußball-Nation. Denn obwohl die englische Premier League als umsatzstärkste Liga der Welt gilt, sind die englischen Vereine auf internationalem Parkett seit Jahren nicht mehr fähig, um den Champions-League-Titel mitzuspielen. Immerhin gelang dem FC Liverpool in der vergangenen Saison der Einzug in das Finale der Europa League, welches dann allerdings gegen den FC Sevilla verloren ging.

Gemessen an den abnormen Summen, die in die Teams der Premier League investiert werden, genügt dies natürlich nicht den Ansprüchen der Liga-Verantwortlichen und der Vereine selbst. 2012 war es mit dem FC Chelsea (im Elfmeterschießen gegen Bayern München) letztmalig einem englischen Vertreter gelungen, den Landesmeisterpokal zu gewinnen. Seitdem laufen die englischen Clubs häufig hinterher.

Nun also Leicester, ausgerechnet. Der Club, der so völlig anders ist als die Vereine, gegen die sich das Team im vergangenen Jahr völlig überraschend durchsetzen und souverän die Meisterschaft erringen konnte. Ausgerechnet Leicester also soll die Ehre des britischen Fußballs retten. Dabei haben die Mittelengländer derzeit eigentlich ganz andere Sorgen: in der Liga steckt das Team im Abstiegskampf und rangiert aktuell gerade mal drei Punkte „über dem Strich“.

Abstiegskampf oder Champions League – Wo liegt die Priorität?

Die im Vergleich zum Vorjahr stark abfallenden Leistungen haben Meistertrainer Claudio Ranieri bereits seinen Job gekostet. Nachfolger Shakespeare soll nun also das Team in der Liga halten und auf europäischem Parkett weiter für Furore sorgen. Die Prioritäten liegen dabei aber natürlich deutlich auf dem Ligaverbleib und nicht in der europäischen Königsklasse.

Da geht es im Viertelfinale jedenfalls als nächstes gegen den Vorjahresfinalisten aus Madrid, das starke Team von Atlético. Eine Aufgabe, die kaum leichter zu bewältigen sein würde als die vorangegangene. Aber unterschätzen sollte man das Team aus Mittelengland ganz offensichtlich nicht. Denn unterschätzt wurde Leicster City in der kompletten vergangenen Premier-League-Saison. So lang, bis sie am Ende den Titel gewannen. Fans und Vertreter der „Big Five“ (Chelsea, Manchester United, Manchester City, Arsenal London und der FC Liverpool) unkten alsbald, dass sich die Liga mit Leicester City in der Champions League ja nur blamieren könne.

Es zeigt sich nun, dass es anders kam. Blamabel waren eher die Achtelfinal-Auftritte von Arsenal und Manchester City, während Leicester City ohne großes Tamtam die Ärmel hochkrempelte und das Unmöglich scheinende möglich machte. Dafür haben sie international viel Lob und Anerkennung bekommen. Die stünde ihnen so langsam dann auch mal in der Heimat zu. Aber sie sind eben ein wenig anders, die Briten.

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