Offensichtliche Diskrepanzen

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Nach einem Pokalwochenende, an dem wir uns zumindest teilweise über Überraschungssiege von Amateurclubs freuen konnten, ereilt uns nun die Nachricht über die Modifikation der Champions League. Der Zeitraum könnte kaum passender sein, um offensichtliche Diskrepanzen zwischen Leidenschaften und Verwertungsmechanismen festzustellen.

Die UEFA geht ab 2018 den nächsten Schritt in Richtung europäische Superliga. Ab dann sollen die großen vier Ligen Europas (England, Spanien, Italien und Deutschland nach derzeitigen Stand der UEFA-Fünfjahreswertung) vier gesicherte Teilnehmer in der Königsklasse haben und einen weiteren Startplatz in der Qualifikation erhalten. Im wahrscheinlichen Falle wären dann zwanzig Vereine aus diesen Nationen im Wettbewerb vertreten und würden den ehemaligen Landesmeisterpokal unter sich ausmachen – sportlich und finanziell.

Es wird der nächste Nackenschlag für den europäischen Fußball. Die etablierten Vereine und Verbände werden den erweiterten Zugang zu den europäischen Geldtöpfen zu nutzen wissen und den Abstand zu den kleineren Verbänden ausdehnen. Die Landesmeister der kleineren Fußballverbände Europas werden dann durch noch mehr Hoffnungsrunden geschickt werden, nur um dann in der Gruppenphase auf aufgeblähte Sammelsorien abgehalfterter Spitzenfußballer zu treffen. Im besten Falle können sie ihren Fußball durchziehen und ein paar schöne Momente einstreichen; die Wahrscheinlichkeit sich für ein Achtelfinale oder Viertelfinale zu qualifizieren dürfte jedoch dann sich tendeziell verflüchtigt haben. Dafür werden die großen Vereine schon zu sorgen wissen. Anhand der zugesicherten Mittel lässt sich ohne weiteres eine zweite und dritte Mannschaft aufbauen, die sich dann mit Dinamo Zageb, dem RSC Anderlecht oder Ajax Amsterdam messen darf. Für die Spieler dieser Vereine gibt es dann kaum noch eine sportliche Perspektive in dem Wettbewerb. Es geht nur noch darum, sich für einen der großen 25 Vereine der vier Spitzenligen anzubieten.

Wie schon in den letzten Jahren von vielen wahrgenommen, wird dann das Teilnehmerfeld noch homogener werden, da die Champions-League-Teilnehmer mit ihrem wirtschaftlichen und fußballerischen Kapitel weitestgehend in der Lage sein sollten, zumindest den fünften Platz in der nationalen Konkurrenz einzustreichen. Folglich werden die Vereine unter sich bleiben, so wie unter anderem Kalle Rummenigge es sich so sehnlich wünscht. Sollen doch die kleinen Vereine ersteinmal in langen Qualifikationsphasen sich gegenseitig eliminieren, bis sie dann die heiligen Stätten des großen Fußballs besuchen darf.

Die Folge: kaum noch Überraschungsmomente. Fußball wird kalkulierbar und verliert seinen unmittelbarsten Reiz. Eben jener Reiz, dem wir alljährlich in der ersten Runde des DFB-Pokals frönen. Mit freudestrahlenden Augen sitzen wir dann immer in den Stadien und vor dem Fernseher udn sind ungläubig aufgrund des überbordenden Tatendrangs der Amateure und der Ermattung der Bundesliga-Profis, die kein so rechtes Mittel finden wollen, den enthusiastischen Freizeitfußballern Herr zu werden.

Spitzenspiele sind medienwirksame Großereignisse des Fußballs, der Kampf Außenseiter gegen Favorit, der Abnutzungskampf des Goliaths am David – das ist jedoch das unentbehrliche Salz in der Suppe. Das große Geschäft entfernt sich mit den Reformen immer weiter von dieser elementaren Auseinandersetzung. Es ist eine Verlusterfahrung, die durch die UEFA nur mit halbgaren Ausweichmanövern beantwortet werden. Die Champions-Runde in der Qualifikation zur Champions League war ein ansehnlicher Versuch, der nunmehr reaktionär beantwortet wird. Es bringt wohl nichts, die Mechanismen sind zu stabil. „Aus Liebe zum Fußball“ wird demnächst zur sinnentleerten Worthülse geworden sein. Es bleiben nur zwei Varianten: die treudoofe Hinwendung zur respektabel grandiosen Inszenierung oder die Abkehr von der einst so geliebten Sportart. Irgendwie schrecklich, dass man vor solch eine Wahl gestellt wird. Ich würde an dieser Stelle gerne zur Revolution aufrufen, bin mir nur nicht so im Klaren, wie das ganze vonstatten gehen soll. Letztendlich stimmt das Volk mit den Füßen ab…

Axel Diehlmann

 

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