Uniformierter Fußball als präventive Maßnahme

Avatar von Björn Leffler

Im Kiez um die Soldiner Straße im Berliner Stadtteil Wedding treffen Welten aufeinander. Immer wieder flackern Konflikte zwischen konkurrierenden Jugendgangs und der Polizei auf. Diese Eskapaden sollen mithilfe des Fußballs überwunden werden.

In der Nähe des Gesundbrunnens gelegen leben in dem Stadtteil rund um die Soldiner Straße viele Berliner mit Migrationshintergrund in erster, zweiter und dritter Generation sowie relativ viele Sozialhilfeempfänger und ein paar wenige Alteingesessene, die noch das vom Mythos des „Roten Wedding“ berichten können, was ihnen ihre Eltern und Großeltern mit auf den Weg gegeben haben. Der ehemalige Arbeiterbezirk im Norden des Stadtzentrums hat sich inzwischen zu einem sogenannten Problembezirk entwickelt. Die durch viele Anwohner wahrgenommene Unsicherheit entspricht der lokalen Rate an kleineren und größeren Delikten. Das entstandene Image sorgt gleichsam für den berüchtigten Teufelskreislauf, der nur schwerlich zu stoppen ist. Abgestempelte Gegend – fehlendes Engagement – soziales Vakuum – kleinkriminelle Machenschaften – negative Berichterstattung. Eine typische Abwärtsspirale möchte man so meinen. Wären da nicht die Idealisten, die sich sozial engagieren und für einen kontinuierlichen Dialog über Unterschiede hinweg eintreten.

Einer von ihnen ist Yousef Ayoub, der seit 2009 mit seinem Stadtteil-Verein „Kiezbezogener Netzwerkaufbau“ die Fronten zwischen der Polizei und den zahlreich vertretenen Jugendgangs schrittweise aufzulockern versucht. Zentrale verbindende Funktion kommt hierbei dem Fußball zu. Wöchentlich versammeln sich die Jugendlichen des Soldiner Kiezes an ausgesuchten Treffpunkten und werden dort von Einsatzwagen der Polizei eingesammelt. In den Mannschaftswagen der Polizei sitzen dann Jugendliche und Kinder in Fußballtrikots und Sportschuhen, die sich schon mal über die sportlichen Ziele für die nächsten zwei Stunden austauschen. Die Polizei fährt mit ihnen regelmäßig in eine nahe gelegene Sporthalle und tritt dort mit ihnen in Uniform gegen den Ball – eine besondere Veranstaltung, die inzwischen zu einer kleinen Institution geworden ist. Sport und insbesondere Fußball als Integrationsmodell und Kommunikationsraum wird bei dieser Initiative auf anschauliche Weise praktiziert.

Es ist eine Annäherung, die unentbehrlich ist für eine nachhaltige Kommunikationskultur in einem Stadtteil, der im öffentlichen Bewusstsein nur eine untergeordnete Rolle spielt. Gleichzeitig demonstriert das Modell erneut, welche Wirkung der Kult um das runde Leder erzielen kann. Konflikte des Alltags und individuelle Unwägbarkeiten spielen für die ersehnten neunzig Minuten keine Rolle mehr. Im besten Fall werden entstandene Probleme sogar nachhaltig über die spielerische Form des persönlichen, institutionellen und interkulturellen Austauschs angegangen und einhergehend gelöst. Die Initiative ist ein wahres Vorzeigeprojekt, welches hoffentlich zu einer stetigen Verbesserung des sozialen Klimas im Wedding beiträgt. Darüber hinaus bietet die heitere Kickrunde natürlich die Gelegenheit, mal ab und zu die Grätsche gegen Polizisten auszupacken. Nichtsdestotrotz gilt natürlich auch hier, dass im besten Fall der Ball gespielt wird. Andernfalls droht wie im wahren Leben ein Platzverweis…

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