Zwei Endspiele

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Das Olympiastadion Berlin, im 31. Jahr Austragsungsort des DFB-Pokalendspiels, sieht in diesem Jahr erstmals zwei Spiele, die den Charakter eines DFB-Pokalendspiels haben werden.

von Björn Leffler

Die Stadt Berlin und der Verein Hertha BSC sind es als regelmäßiger Ausrichter des DFB-Pokalendspiels natürlich gewöhnt, dass die Stadt jedes Jahr wieder im Mai oder Juni von feiernden Fangruppierungen besucht und belagert wird und dass eines dieser beiden Lager am Ende des Samstag den DFB-Pokalsieg bejubeln darf.

Soweit ist daran nichts auszusetzen, für Berlin ist das Pokalfinale ein absolutes Sport-Highlight im jährlichen Veranstaltungskalender, und es spült jedes Jahr Millionen von Euros in die Stadtkassen. Die Olympiastadion GmbH freut sich zudem, neben den Bundesliga-Heimspielen von Hertha BSC und zwei bis drei Open Air Konzerten in den Sommermonaten sowie dem ISTAF im Herbst, ein festes, prestigeträchtiges Event für die historische Arena auf dem Terminkalender zu haben.

Der Verein Hertha BSC könnte mit dieser ganzen Situation natürlich relativ entspannt umgehen, wäre ihm in den letzten drei Jahrzehnten zumindest einmal der Einzug ins Endspiel gelungen, was gleichbedeutend mit einem Finale im „eigenen Wohnzimmer“ wäre, oder ein „Finale Dahoam“, wie es die Bajuwaren betiteln würden. Es ist dem Verein, mit Ausnahme der Amateurmannschaft 1993, aber leider nie gelungen. Zuletzt standen die Blauweißen 1977 und 1979 im DFB-Pokalendspiel und verloren beide Spiele knapp, letzteres erst in der Verlängerung.

Seit das Pokalfinale im Olympiastadion ausgetragen wird, seit 1985 also, kamen die Herthaner ein paar Mal in die Nähe des Halbfinales, scheiterten aber jeweils bitter. 2001/02 unterlag Hertha dem 1. FC Köln, mit 1:2 nach Verlängerung, obwohl sie lange geführt und die Kölner seit zehn Spielen sieglos waren. Köln stieg am Ende ab und schied im Halbfinale gegen Leverkusen aus. Fünf Jahre später scheiterten die Berliner im Viertelfinale beim VfB Stuttgart, unterlagen dort 0:2. Und 2011/12 gab es eine weitere Niederlage nach Verlängerung, das bittere wie unnötige Aus gegen Borussia Mönchengladbach nach Igor de Camargos Schauspieleinlage und Peter Niemeyers Pfostentreffer in der 65. Minute.

Es ist also wenig verwunderlich, dass sich am ersten Vorverkaufstag für die Halbfinaltickets in der ganzen Stadt, an allen Fanshops von Hertha BSC, lange Schlange bildeten und die Fans über sechs Stunden Wartezeit für ein Ticket in Kauf nehmen mussten. Ebenso wenig verwundert es, dass die Medien der Stadt und der Verein selbst aus dem Spiel ein großes Happening machen, allein aufgrund der Seltenheit des Ereignisses und der großen Freude, nur noch ein Spiel vom großen Traum, dem Finale im „eigenen Wohnzimmer“, entfernt zu sein.

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Zudem wollte es die Losfee so, dass Hertha BSC, was selten genug vorgekommen ist in den letzten zwanzig Jahren, ein Heimspiel austragen darf. Ein Pokal-Heimspiel, wie ungewöhnlich! Weit über 200.000 Karten hätte der Verein für das Spiel absetzen müssen, eine Zusatzribüne ist da natürlich nur ein Tropfen auf dem heißen Stein, dennoch wurde sie errichtet.

Diese Zusatztribüne wird ja regelmäßig aufgebaut, wenn das Endspiel des DFB-Pokals ansteht, und so wird das Spiel heute Abend bereits in einer Atmosphäre eines vorweggenommenen Endspiels stattfinden. Ein gewagter Satz, wenn man berücksichtigt, dass sich der FC Bayern München gestern bereits für das Endspiel qualifiziert hat.

Die Stimmung im Stadion wird aber dementsprechend sein. Für die Fans der Hertha ist es heute Abend fraglos ein Spiel mit Finalcharakter, denn allein die Teilnahme am Endspiel wäre ein großartiger Erfolg. Zudem wird es eine große Choreografie in der Ostkurve und mindestens 10.000 anwesende Fans von Borussia Dortmund auf der gegenüberliegenden Stadionseite geben. Es wird ein aufwendiges Rahmenprogramm und die obligatorische bundesweite und internationale Live-Übertragung geben – im Stile eines Endspiels eben. Dabei sind wir eigentlich erst im Halbfinale. Eigentlich.

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Für das in die Diskussion gekommene Olympiastadion, welches aus Sicht des Vereins als Bundesliga-Heimspielstadion für Hertha BSC nicht mehr ideal geeignet ist, sind nun die Monate gekommen, in denen es seinen Glanz und seine Stärke ausspielen kann. Spiele mit Endspiel-Charakter und einem Zuschaueraufkommen von knapp achtzig tausend Zuschauern, spektakuläre Bilder der vollbesetzten Arena, die in die Republik und in die Welt gesandt werden – genau hierfür ist dieses Stadion der ideale Austragungsort. Nicht umsonst fanden WM- und Champions-League-Finale bereits hier statt, genauso wie die Leichtathletik-WM 2009.

Die Zusatztribüne wird im Übrigen nicht nur in diesem Halbfinale und im Endspiel benötigt, am Samstag gastiert der FC Bayern in der Stadt, auch dieses Spiel war innerhalb von 45 Minuten ausverkauft. Die Bayern kennen das Gefühl, in Berlin ein Finale zu spielen, nur zu gut, ebenso die Borussia Dortmund. Heute Abend wird sich also entscheiden, ob zum dritten Mal in fünf Jahren die Endspielpartie Borussia Dortmund gegen Bayern München heißen wird, oder ob mit Hertha BSC einmal ein echter Neuling die Chance bekommt, um den goldenen Pokal zu spielen.

Die Arena im Charlottenburger Westend wird am 21. Mai bereit stehen und, wie in jedem Jahr, einen festlichen Rahmen bieten. Unabhängig davon, welche Vereine das Finale ausspielen werden.

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